Betriebliche Gesundheitsförderung in Europa

Autoren: Gregor Breucker & Barbara Orfeld

Internationale Aktivitäten des Europäischen Informationszentrums

Die betriebliche Gesundheitsförderung stößt gegenwärtig innerhalb der Europäischen Union auf großes Interesse. Dies ist zum einen Folge der EU-Rahmenrichtlinie ‘Arbeitsschutz’, die 1989 in Kraft trat und im Anschluss daran schrittweise in die nationale Arbeitsschutzgesetzgebung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt wurde. Im Kern wurde dadurch das traditionell technisch bestimmte Arbeitsschutzverständnis um psycho-soziale Faktoren erweitert: die betriebliche Gesundheitsförderung ergänzt so das vorhandene Instrumentarium zum Arbeitsschutz.

Ein zweiter Grund für die große Attraktivität der betrieblichen Gesundheitsförderung liegt in der Tatsache, dass nur gesunde, motivierte und gut ausgebildete Mitarbeiter den zukünftigen sozialen und ökonomischen Erfolg der Europäischen Union sicherstellen können. Einer aktuellen Untersuchung der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zufolge verursachen jedoch beruflich bedingte Erkrankungen in den EU-Mitgliedsstaaten jährlich 600 Millionen Fehltage. Bei den Ursachen werden vor allem das Ausmaß an Arbeitsintensität, Arbeitstempo, Zeitdruck und Stress genannt.

Das Europäische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung

Vor diesem Hintergrund hat sich die Europäische Kommission entschlossen, den Aufbau eines Europäischen Netzwerkes für Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Bereitstellung von entsprechenden Finanzmitteln zu unterstützen. Es existiert seit Anfang 1996, und alle 15 Mitgliedsstaaten der EU sowie die Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes sind darin vertreten.

Nationale Kontaktstelle des Netzwerkes für Deutschland ist das Europäische Informationszentrum beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK), die internationale Koordination liegt bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dortmund. Die Mitglieder dieses Netzwerkes kommen aus den Bereichen des traditionellen Arbeitsschutzes sowie der öffentlichen Gesundheitsvorsorge. Diese Kooperation entspricht der Zusammenarbeit zwischen Krankenversicherungen und Unfallversicherungen auf nationaler Ebene und setzt die Intentionen der EU-Rahmenrichtlinie in die internationale Praxis um.

EU-Projekt "Models of good Practice"

Das Europäische Informationszentrum hat durch die Übernahme der Koordinationsfunktion für ein EU-weites Projekt eine Schlüsselfunktion im Europäischen Netzwerk übernommen. Im Rahmen eines zweijährigen Projektes ‘Erfolgsfaktoren und Qualität betrieblicher Gesundheitsförderung’ (Models of good Practice) werden gegenwärtig in allen Teilnehmer-Staaten vorbildliche Unternehmen für die betriebliche Gesundheitsförderung identifiziert und dokumentiert. Auf diese Weise entsteht eine Europäische Datenbank guter Unternehmensbeispiele, die von Praktikern vor Ort im Sinne des Benchmarkings genutzt werden kann.

Um die Auswahl von guten Praxisbeispielen auf eine solide Grundlage stellen zu können, hat das Europäische Informationszentrum eine gemeinsame Arbeitsgrundlage für das Europäische Netzwerk entwickelt, die Ende vergangenen Jahres mit großem Erfolg in Form der Luxemburger Deklaration zur betrieblichen Gesundheitsförderung in der Europäischen Union verabschiedet wurde. Diese Deklaration legt zum ersten Mal die Grundsätze betrieblicher Gesundheitsförderung in allen Mitgliedsstaaten der EU fest. Maßgeblich geprägt wurde dieses Grundsatzdokument durch die BKK-Philosophie betrieblicher Gesundheitsförderung. Die Luxemburger Deklaration ist mittlerweile in alle Mitgliedssprachen der EU übersetzt worden und in allen Ländern sehr erfolgreich verbreitet worden.

Aufgrund der großen positiven Resonanz bei deutschen Unternehmen hat das Europäische Informationszentrum eine Unterzeichner-Kampagne im BKK-System gestartet und wirbt bei den Trägerunternehmen dafür, sich offiziell der Luxemburger Deklaration anzuschließen. Als erstes Unternehmen hat die REWE Handelsgruppe eine entsprechende Erklärung unterzeichnet.

In einem zweiten Schritt wurde zur Vorbereitung der Auswahl von vorbildlichen Unternehmen ein Katalog Europäischer Qualitätskriterien für betriebliche Gesundheitsförderung entwickelt. In diesen Katalog sind die BKK-Qualitätskriterien aufgenommen worden. Darüber hinaus wurde in Anlehnung an das Modell des Europäischen Qualitätspreises (EFQM) ein Audit-Instrument entwickelt, das im Rahmen einer Selbsteinschätzung von Unternehmenspraktikern verwendet werden kann. Diese Instrumente sind Grundlage für die Auswahlprozedur und befinden sich gegenwärtig in der Testphase. Den Abschluss des Projektes Mitte nächsten Jahres wird eine internationale Tagung in Deutschland bilden, in deren Rahmen eine Auswahl von Unternehmensbeispielen präsentiert werden wird.

Kontakt

Informationsmaterial zum Europäischen Netzwerk sowie zum Projekt ‘Models of good Practice’ können beim Europäischen Informationszentrum angefordert werden.

Adresse:
Bundesverband der Betriebskrankenkassen
Europäisches Informationszentrum Gesundheitsförderung im Betrieb
Kronprinzenstr. 6 45128 Essen
Tel.: (0201) 179 1207 od. 1209, Fax: (0201) 179 1032

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