Mitarbeiterbefragung

Autor: Ferdinand Gröben

Wozu Mitarbeiterbefragungen:

  • Eine Mitarbeiterbefragung erfasst die gesundheitliche Situation der Beschäftigten. Sie klärt das Interesse der MitarbeiterInnen Gesundheitsförderungsmaßnahmen. Sie kann zum Erfassen der Einschätzung der Mitarbeiter zu Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung, der subjektiv erfahrenen physischen und psychischen Belastungen, des Verhältnisses zu Kollegen und Vorgesetzten sowie des Betriebsklimas eingesetzt werden. Sie ist ein erster Schritt zur Beteiligung der MitarbeiterInnen an der Umsetzung der betrieblichen Gesundheitsförderung . Die Teilnahme ist freiwillig. Die Anonymität der TeilnehmerInnen wird gesichert.
  • Mitarbeiterbefragungen sind nur dann sinnvoll, wenn die Angaben der Befragten ernst genommen werden und die aufgedeckten Probleme gemeinsam mit den MitarbeiterInnen angegangen werden sollen. Wenn hier Unsicherheiten bestehen, sollten diese zuerst im Vorfeld bereinigt werden.

Nutzen

  • Steigerung des Unternehmenserfolges durch stärkere Einbeziehung der Mitarbeiter
  • Lokalisierung von Stärken und Schwächen im Unternehmen
  • Nutzung des Kreativitäts- und Leistungspotentials
  • stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen

Vorarbeiten

Mitarbeiterbefragungen sind nur in einem gegenseitigen Vertrauensklima sinnvoll. Von Beginn an müssen Betriebsleitung und MitarbeiterInnen (bzw. Mitarbeitervertretung) eng zusammen arbeiten. Gemeinsam werden die konkreten Ziele der Befragung festgelegt. Dabei ist es sinnvoll sich besser auf wenige Schwerpunkte zu konzentrieren, als alles "erschlagen" zu wollen. Es sollte auch überlegt werden, wo Handlungsspielräume bestehen. Unveränderliches muß nicht abgefragt werden. Die Auswahl der Fragen erfolgt gemeinsam.

Neben den Inhalten muss weiterhin die konkrete Zielgruppe der Befragung festgelegt. Rechtzeitig vor der Befragung muss die Information der MitarbeiterInnen erfolgen. Dabei werden Ziele, angesprochene Gruppe, Zeitpunkt, Ablauf der Befragung transparent gemacht. Es wird dargelegt, wie die Anonymität der Antworten sichergestellt wird und auf welchem Weg die Auswertung erfolgen wird.

Befragung

Mitarbeiterbefragungen können Informationen zu den folgenden Bereichen erfassen:

  • die gesundheitliche Situation der MitarbeiterInnen,
  • das Interesse der Befragten an Gesundheitsförderungmaßnahmen,
  • die Situation am Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung, die Arbeitsmittel sowie die Arbeitsorganisation,
  • die subjektiv erfahrenen Belastungen seitens der MitarbeiterInnen, dabei werden physische ebenso wie psychische Belastungen berücksichtigt,
  • das Verhältnis unter den Mitarbeitern, zu den Vorgesetzten, das Betriebsklima.

Fragen

Hier einige Beispiele für Fragen:

Beschwerden

Treten bei Ihnen folgende Beschwerden während oder nach der Arbeit auf:

 

immeroftmanchmalselten
1.Die Augen ermüden schnell.
2.

Die Augen, Augenlider oder

Bindehaut sind gerötet

3.

oder gereizt (brennen, tränen,

stechen usw.).

4.Ich habe Kopfschmerzen oder ein Druckgefühl im Kopf.
5. Ich habe Hautreizungen.
6.Ich habe Allergien.

Qualität der Arbeit und die Arbeitsorgansiation

Hier geht es um die Beurteilung Ihrer Arbeitstätigkeit mit dem Ziel, Schwachstellen aufzudecken und Verbesserungen zu erarbeiten. Dazu ist Ihr Urteil als Kenner der Arbeitstätigkeit von entscheidender Bedeutung. Es geht nicht darum, eine Beurteilung von einzelnen Personen vorzunehmen.

  1. Wenn Sie Ihre Tätigkeit insgesamt betrachten, inwieweit können Sie die Reihenfolge der Arbeitsschritte selbst bestimmen?
  2. Wie viel Einfluss haben Sie darauf, welche Arbeit Ihnen zugeteilt wird?
  3. Können Sie Ihre Arbeit selbständig planen und einteilen? Können Sie bei Ihrer Arbeit Neues dazulernen?
  4. Können Sie bei Ihrer Arbeit Ihr Wissen und Können voll einsetzen?

Verwertung

Mitarbeiterbefragungen bieten ebenso wie z.B. Gesundheitsberichte die Chance die bestehende Situation im Unternehmen zu analysieren und auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse zu verbessern. Wichtig ist deswegen, daß alle MitarbeiterInnen über die Ergebnisse der Befragung informiert werden und daß dabei deutlich wird, was die nächsten Schritte sein werden.

Kurze Regeln für Fragebogen

Die Ziele der Befragung sollten schriftlich formuliert werden.

  • Es gibt viele interessante Fragen, aber nur wenige notwendige Ergebnisse
  • der Beitrag der einzelnen Fragen zur Erreichung der Befragungsziele/Erkenntnisinteressen sollte überprüft werden
  • die Ziele der Befragung auch den Befragten offen legen (Einleitungstext)

Neuerfindungen sollten begrenzt werden.

  • Vergleichbare Befragungen recherchieren, aus denen Fragen übernommen werden können
  • Fragen so gestalten, dass die Ergebnisse zu anderen Daten vergleichbar bleiben

Der Fragebogen sollte ansprechend gestaltet sein.

  • Ist die Länge des Fragebogens zumutbar?
  • Übersichtliche Graphik, Anleitung zum Ausfüllen

Abschließende Hinweise an Fragebogenautoren:

  • Kein Fragebogen sollte eingesetzt werden, den die Autoren nicht selbst ausgefüllt haben
  • Es ist unmöglich, Fehler in Fragebogen zu vermeiden.

Die Formulierung der Frage sollte knapp und präzise sein.

  • Konjunktive vermeiden (Würden Sie..., Könnten Sie sich vorstellen...)
  • Begriffe kontrollieren, die oft zur "Füllung" verwandt werden (sehr, unter Umständen, vielleicht)
  • Keine Begriffe verwenden, die positiv oder negativ interpretiert werden können (Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?)
  • Keine dehnbaren Selbstdefinitionen abfragen, sondern Verhalten (Ernähren Sie sich gesund?)
  • Unpräzise Benennung von Zeiträumen vermeiden (In letzter Zeit, früher einmal)

Die Formulierung der Frage sollte die Antwortoptionen der Befragten berücksichtigen.

  • Keine Suggestivfragen (Ist es Ihnen gelungen, ...)
  • Soziale Erwünschtheit bei der Formulierung der Frage (Sind Sie ausländerfeindlich?)
  • und beim Kontext der Befragung (Befragungsziele) beachten

Die Vorgaben in einer geschlossenen Frage sollten vollständig und trennscharf sein.

  • keine wichtige Antwortalternative vergessen (Kann jeder Befragte ein Kreuz machen?)
  • Extremwerte extrem formulieren (gar nicht/nie, alle/immer)
  • keine quantitativen Spielräume lassen (einige - wenige)
  • Exklusive Vorgaben sollten sich nicht überschneiden und umfassend sein
  • Unkenntnis/Nichtbetroffenheit beachten (weiß nicht/trifft auf mich nicht zu)

Die Zahl der Antwortmöglichkeiten beachten.

Anleitung geben, ob ein oder mehrere Kreuze möglich sind.

Keine sich gegenseitig ausschließenden Vorgaben mit zusätzlich möglichen kombinieren (finde ich gut/finde ich schlecht/war mir wichtig)

Fragetext und Vorgaben sollten vereinbar sein.

  • keine Möglichkeit zur doppelten Verneinung, Verneinung in der Fragestellung vermeiden

Bei Skalen sollte die Benennung logisch sein.

  • Nicht die Dimension der Skala wechseln (Häufigkeit, Stärke)
  • Skalenmittelpunkte neutral formulieren (teils/teils, unentschieden, mittel)
  • Skalenrichtung bei verschiedenen Fragen graphisch gleich gestalten
  • Skalen in aufeinander folgenden Fragen möglichst vergleichbar halten
  • Bei Zahlenvorgaben in Skalen sollten logische Benennungen erfolgen (gar nicht bis sehr viel, aufsteigende Zahlen, sehr gut bis sehr schlecht entsprechend Schulnoten)

Fragen sollten nicht überfrachtet werden.

  • Aufzählungen in der Frage vermeiden (Haben Sie Krankheit A oder B oder C?)
  • Komplexe Fragen nur mit einfachen Antwortmöglichkeiten und umgekehrt.
  • Die Skalendimension sollte mit der Frage vereinbar sein (Machen Sie regelmäßig dies und das? Skala nie bis immer)
  • Nicht mehrere Skalen bei den gleichen Vorgaben (Krankheiten: Häufigkeits- und Stärkeskala nebeneinander)

Offene Fragen sollten im Fragebogen nur gestellt werden, wenn es unbedingt nötig oder sinnvoll ist.

  • Bei der Abfrage von Zahlen, wenn die Vorgabe von Kategorien zu viel Platz erfordert (Alter, Anzahl Zigaretten etc.)
  • oder Auswertungsmöglichkeiten verbaut (Mittelwerte, Recodierungen)
  • Bei Textantworten als Residualkategorie, wenn nur wenige weitere Antworten erwartet werden, die aber von Interesse sind.
  • In Pretests, die eine Schließung der Fragen zum Ziel haben.
  • Wenn eine systematische Auswertung nur grob oder gar nicht vorgesehen ist.

Allgemein

  1. Ziele der Befragung festgelegt?
  2. Vergleichbare Befragungen/Ergebnisse?
  3. Zumutbare Länge, übersichtliche Gestaltung?
  4. Selbst ausgefüllt?
  5. Fehler können nicht vermieden werden!

Erstellung der Fragen

  1. Formulierung knapp und präzise?
  2. Soziale Erwünschtheit und Suggestivfragen?
  3. Vorgaben vollständig und trennscharf?
  4. Mehrfachantworten/nur ein Kreuz?
  5. Vereinbarkeit Fragetext - Vorgaben?
  6. Skalenbenennung logisch?
  7. Offene Fragen sinnvoll und notwendig?

 

Quelle der kurzen Regeln:

Unveröffentlichte Zusammenfassung aus einigen Jahren Berufserfahrung
GESOMED
Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Forschung in der Medizin
Klaus Riemann

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