Posttraumatisches Stresssyndrom

Autorin: Sabine Gröben

Am Beispiel der DB AG: Tätigkeitsspezifische Risiken bei Bahnbetrieben

Mitarbeiter von Verkehrsunternehmen sind einem berufsspezifischen Risiko der Traumatisierung ausgesetzt. Triebfahrzeugführer und Busfahrer werden in Unfälle verwickelt, die in der Regel schwer sind und bei denen Menschen getötet oder erheblich verletzt werden. Zugbegleitpersonal und Busfahrer sind häufig das Ziel gewalttätiger Übergriffe. Mitarbeiter von Verkehrsunternehmen können zudem bei Arbeiten im Gleisbereich schwer verletzt oder getötet werden, miterleben, wie ein Kollege im Gleisbereich getötet wird, Personen überfahren, bei Zusammenstößen mit anderen Fahrzeugen verletzt werden, Anblick von schwerverletzten Personen oder Leichen(teilen) erleiden, Sachschaden in erheblichem Ausmaß durch Handlungsfehler verursachen, Personenschaden in erheblichem Ausmaß durch Handlungsfehler verursachen, mit dem Leid Hinterbliebener konfrontiert werden.

  • 3 Unfälle mit Personenschaden bzw. Suizide im Gleisbereich pro Tag
  • je Lokführer durchschnittlich 2 Vorfälle im Berufsleben
  • z.T. erhebliche Häufungen
  • Hilflosigkeit durch extrem lange Bremswege
  • min. 90% der Suizidversuche mit tödlichem Ausgang
  • Verletzungen häufig stark entstellend
  • Verunsicherung durch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft
  • manchmal Vorwürfe oder Drohungen von Angehörigen
  • sensationslüsterne Darstellung in den Medien
potentiell belastendes EreignisDauer
psychischer SchockMinuten bis Stunden
KrisenreaktionTage bis Wochen
posttraumatische BelastungsstörungMonate bis Jahre
  • alleingelassen werden
  • angegafft werden
  • drängendes Ausfragen
  • Schuldvorwürfe

(nach GASCH & LASOGGA,1995)

Definition

  • folgt auf Ereignis außerhalb üblicher menschlicher Erfahrung
  • Beginn der Störung kann verzögert sein
  • Dauer mindestens 1 Monat (Abgrenzung von Schock, Krise)

Anzeichen

  • Wiedererleben des belastenden Ereignisses
  • Vermeidungsverhalten oder emotionale Stumpfheit
  • erhöhtes Erregungsniveau

Achtung! Dies ist eine behandlungsbedürftige Krankheit!

Entlastende Definition: normale Reaktion auf unnormale Situation. Anzeichen einer Krise (nach unten zunehmender Schweregrad):

  • erhöhte Spannung, Aufregung, Nervosität
  • Unsicherheit, Ängstlichkeit
  • Irritation, Aggressivität
  • Depressivität
  • Verwirrtheit, unangemessenes Verhalten
  • Ablösung von der Realität, Gefühle der Unwirklichkeit
  • Wahn- und Verfolgungsideen, Halluzinationen

negative Aspekte:

  • Gefühle von Angst, Hilflosigkeit, Überforderung, Kränkung, Wut
  • allgemeine Labilität, auch körperlich
  • erhöhte Beeinflußbarkeit, extreme Reaktion auf kleinste Ursachen

positive Aspekte:

  • Persönlichkeitswachstum durch erfolgreiche Bewältigung
  • gesteigertes Selbstbewußtsein und Zuversicht

Spätestens nach 14 Tagen ohne Besserung ist professionelle Hilfe nötig.

Definition:

  • Starke seelische Erschütterung
  • durch plötzlich hereinbrechendes, belastendes Ereignis,
  • häufig mit körperlichen Begleiterscheinungen,
  • hält Minuten bis Stunden an (in Ausnahmefällen Tage)

Subjektiv belastend, normal aber nicht gefährlich.

anfangs häufig

  • "Betäubung" (auch körperlich)
  • eventuell "mechanische Reaktion", verzögerte Symptomatik

später oft

  • Rückzug in sich selbst, Erstarrung
  • hektische Aktivität bis hin zur Fluchtreaktion

häufig in Verbindung mit

  • körperlichen Reaktionen (Schwitzen, Herzklopfen, Zittern u.ä.)
  • teilweisen Gedächtnisverlust ("Filmriß)

Bis 1994 fand auf Wunsch individuelle Betreuung statt, seit 1994 gibt es für diese Personengruppen ein Betreuungsprogramm, das eine umfassende Betreuung sicherstellen soll. Dieses Programm umfaßt Schulungen der potentiell Betroffenen während der Ausbildung und der Laienhelfer aus ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld. Betreuung erfolgt in Form von entlastenden Gesprächen und kann auch die Vermittlung von geeigneten Therapeuten oder die Begleitung beim Wiedereinsatz umfassen. Unter der Leitung des Servicebereichs Psychologie finden regelmäßige Besprechungen der beteiligten Gesellschaften zum Thema statt; derzeit wird die Betreuung evaluiert und es werden neue Modelle in einem Pilotprojekt erprobt. Explorativ erhobene Daten weisen darauf hin, daß bei schneller und umfassender Betreuung die Arbeitszufriedenheit erheblich gesteigert und die Fehlzeiten erheblich verringert werden.

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