Führung muss nicht krank machen

  • Dr. Petra Bernatzeder (upgrade – human resources GmbH): „Gesunde Führung – Modetrend oder Überlebensfaktor für Unternehmen? Die Sicht der Wissenschaft“
  • Jan Hendrik Kruse (S Broker Wiesbaden)
  • Ferdinand Leist (salus klinik Friedrichsdorf): „Was tun, wenn der Mitarbeiter aus der Reha zu-rückkommt?“

Moderation: Norbert Breutmann (Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber), Eva Zinke (IG Metall)

Im Rahmen des Forums ging es um die Wechselwirkung von Führung und Gesundheit und was eine gesundheitsgerechten Führung umfassen muss.

Der Beitrag von Dr. Bernatzeder befasste sich zunächst mit grundlegenden Erkenntnissen einer gesunden Leistungsfähigkeit und ihren Einflussfakto-ren. Voraussetzung ist, dass es eine Vorstellung gibt, was Gesundheit bedeutet. Mit Verweis auf die Weltgesundheitsorganisation wird heute von mentaler, psychosozialer und ganzheitlicher Gesundheit gesprochen. Einflussfaktoren auf die Gesundheit im Betrieb sind die betrieblichen Rahmenbedingun-gen, Interaktion, Passung von Anforderungen und Talente sowie das persönliche Gesundheitsverhal-ten und Ressourcen. Betriebliches Gesundheitsmanagement umfasst sowohl den Arbeitsschutz als auch Themen der Führungskultur. Eine gesundheitsgerechte Führung setzt voraus, dass Führungs-kräfte ihre eigene Gesundheit reflektieren. Sie müssen ihre Verantwortung für die Gesundheit bei der Arbeit wahrnehmen, die spezifischen Belastungen und Risiken kennen sowie sich Gesundheitskompe-tenz im Rahmen von Schulung, Information, Training und Coaching aneignen.

Herr Kruse, Personalleiter bei S Broker, stellte das betriebliche Gesundheitsprojekt vor, das er beglei-tet und das mit Unterstützung einer Krankenkasse entwickelt worden ist. Die Gründe waren höhere Leistungsanforderungen an die Mitarbeiter, Anstieg von Stressbelastungen und der Anstieg psychi-scher Erkrankungen im Unternehmen. Das Projekt, das 2013 ausläuft, umfasst eine Analyse der Be-lastungen, Planung und Umsetzung von Gesundheitsmaßnahmen sowie deren Prüfung deren Wirk-samkeit. Es wurden Maßnahmen und Aktionen entwickelt und umgesetzt, bei deren Planung die Füh-rungskräfte in Workshops eingebunden waren. Erfolge zeigen sich bereits, denn inzwischen wird bei den Mitarbeitern und in der Führung offener mit psychischen Problemen umgegangen. Vorgesetzter reagiert sensibler, wenn Mitarbeiter Probleme signalisieren. Nach Beendigung der Projektphase soll ein betriebliches Gesundheitsmanagement entwickelt werden, um damit die Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

Psychisch erkrankte Mitarbeiter haben in der Regel hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten. Die Verbesserung ihrer Gesundheit und Wiederherstellung ihrer Leistungsfähigkeit ist verbunden mit einer inten-siven psychosomatischen Therapie. Herr Leist von der Salus-Klinik machte in seinem Beitrag deutlich, dass der Abschluss einer stationären Rehabilitation nicht mit der Entlassung aus der Klinik beendet ist. Zur Einsichten über Krankheitsursachen werden auch neue Verhaltensweisen erlernt und diese müssen auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft, gefestigt und in den Alltag integriert werden. Hier ist dann auch der Betrieb bzw. das betriebliche soziale Umfeld gefordert. Das Konzept der „Nachsorge“ bietet über spezifische therapeutische Begleitangebote hinaus auch „Betriebsseminare“ an, um dem jeweiligen Betrieb beim Prozess der stufenweisen Wiedereingliederung und des betrieblichen Einglie-derungsmanagements fachlich Hilfe anzubieten. Die Eintage-Seminare stoßen bei Betroffenen, Vor-gesetzen und Mitarbeitern auf gute Resonanz, da bei psychischen Erkrankungen große Unsicherhei-ten bestehen. Führungskräfte sind dann auch besonders gefordert, denn sie müssen ihr Arbeitsteam auf die Rückkehr des Mitarbeiters vorbereiten: das betrifft u.a. seine geänderten Verhaltensweisen und der Umgang damit, die Vermeidung zukünftiger Fehlbelastungen und Erfordernisse einer „Rück-fallprävention“. Führungskräfte müssen insgesamt den Integrationsprozess begleiten. Der Beitrag stieß auf lebhaftes Interesse und Nachfrage bezüglich des Angebots der „Betriebsseminare“.

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